Hexengedicht
© 1960 Müller Trunk
Wir sind die Hexen vom Kallenberg,
für die man den Holzstoß entfacht.
Nur einmal im Jahre sind wir am Werk,
zu närrischer Freiheit erwacht.
haha......ha
Wir Hexen, Hexen mit dem Besen,
sind friedlich Weibervolk gewesen,
einst bäuerlich wie du und du,
voll Bürgertugend noch dazu.
hu, hu, hu...
Wir wohnten wo ihr heute haust,
wo gräßlich jetzt der Traktor braust,
in Brechgrub', Schmalz- und Kappelgass',
und voll war Truhe, Stall und Faß.
ha, ha, ha...
Bis unter Folter wir im Turm
uns krümmten wie ein nackter Wurm,
gequält vom Kopfe bis zum Zeh'
als Hexen unter ach und weh!
he, he, he...
Denn Schraubstock, Daumenpresse, Zangen
zerrissen Glieder uns und Wangen,
weil dummer Aberglaube schrie,
dass wir verzaubert Mensch und Vieh.
hi, hi, hi...
Da klagten wir uns an im Lallen,
dass wir dem Teufel ganz verfallen,
für Hagel, Blitz und faules Stroh
verbrannte man uns lichterloh.
ho, ho, ho...
Und seither trifft die wilde Schar
zum Hexensabbat Jahr um Jahr
im Kuhloch sich, am Hennenstein,
im Schelmental, am Ruckebein!
fein, fein, fein...
Auf Geiß und Besen kommt gereist
hoch durch die Luft der Hexengeist.
Und von der bösen Narretei
sind wir zur großen Fastnacht frei.
hei, hei, hei...
Für dumpfen Wahn und Feuerrost
bleibt uns die Narrennacht zum Trost.
Hebt an den Baum, ihr Folterknecht,
bis dass er stehe steil und recht!
...
Der Narrenbaum, das Ehrenholz,
auf das wir armen Hexen stolz!
Den Hexen: H e i l !
Den Knechten: P f u i !!!